Ein Camp allein für Mädchen: Der Camp-Rat entscheidet
Bei einem unserer jährlich stattfindenden Kinder-Erlebnis-Camps haben wir uns daher ausschließlich der Mädchenarbeit gewidmet. Die Mädchen im Alter zwischen 6 und 12 Jahren, mit und ohne Fluchterfahrungen und das ehrenamtliche Team waren komplett weiblich besetzt. Während dieser Auszeit in der Natur lernen die Mädchen, ihre Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen und diese demokratisch in alle Entscheidungsprozesse mit einzubinden.
Im Camp-Rat wird in der Gruppe konkret das Programm besprochen, auf Wünsche eingegangen und die Vorschläge der Mädchen berücksichtigt. Wenn es Konflikte in der Gruppe geben sollte, dann besteht im Camp-Rat ebenso die Möglichkeit, diese zu diskutieren und wenn zu lösen. Besonders herausfordernd ist die Kommunikation im Camp-Rat wenn verschiedene Muttersprachen vorherrschen. Doch mittels symbolischen Zeichnungen, nonverbalen Abstimmungsmethoden, Flüsterübersetzungen und pantomimischen Darstellungen wird auch hier eine gemeinsame Sprache geschaffen.
Eine gute Handreichung, die wir bei der Gestaltung der Camps nutzen konnten ist die Broschüre „Spiele (fast) ohne Worte“, die der Landesjugendring Berlin und die Jugendbildungsstätte Kaubstraße herausgegeben haben. Es hat sich für uns gezeigt, dass es viel einfacher ist als gedacht über Sprachgrenzen hinaus zu kommen.
Beim Kistenklettern über sich hinauswachsen
Allgemein fördern die Teamer_innen auf solchen Wochenenden bei den Mädchen die Begeisterung für Selbstbehauptung, Kooperation und Bewegung durch ein abwechslungsreiches Programm: Sei es beim gemeinsamen Zubereiten der Mahlzeiten am Lagerfeuer, beim Hüttenbauen, beim Fußballspielen, beim Basteln, bei lustigen Abenteuerspielen im Wald oder bei einer spannenden Nachtwanderung.
Ebenso fungieren die Teamer_innen in ihrer Unterschiedlichkeit als Rollenvorbilder dafür wie verschieden Weiblichkeit gelebt werden kann. In diesem Jahr zeigte sich besonders beim erlebnispädagogischen „Kistenklettern“ wie ermächtigend es für Mädchengruppen sein kann: Frei von der Dominanz, Beobachtung und Wertung des männlichen Blicks, konnten die Teilnehmerinnen ihren Mut unter Beweis stellen, sich beim Kistenklettern erproben und so über sich „hinauswachsen“. Dabei haben sich die Mädchen von ganz allein gegenseitig motiviert und unterstützt, sodass sich Einige noch höher und Andere überhaupt erst einen Versuch wagten.
Was besonders geflüchtete Mädchen brauchen
Dass Mädchen zu selbstbewussten und selbstbestimmten Persönlichkeiten heranwachsen und ihren Weg gehen, möchten wir unterstützen. Dazu gehört aber auch, ihnen ein Ankommen, Teilhabe und eine „normale“ Kindheit in unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Besonders geflüchtete Mädchen brauchen Spiel, Spaß, den Austausch mit anderen Gleichaltrigen, Ermutigung und Erholung. All dies sind unsere Gründe uns zu engagieren und kommende Mädchen-Erlebnis-Camps wieder auszurichten. Denn Spiel, Freizeit und Erholung stehen jedem Kind zu, unabhängig von dessen Herkunft. So steht es schließlich auch in der UN-Kinderrechtskonvention in Artikel 31.
Text: Eva Jende, Junge Humanist_innen Berlin