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Beispiele aus der Praxis: Von Urban Gardening, Ferienfahrten und Kanu-Touren
Nach dem Impulsvortrag von Mohammed Jouni (Jugendliche ohne Grenzen) über selbstorganisierte Jugendarbeit von jungen Geflüchteten konnten sich die Besucher_innen ein Bild von den geförderten Projekten und den gesammelten Erfahrungen machen: So präsentierte zum Beispiel die BUNDjugend Berlin ihr Urban Gardening-Projekt im Flüchtlingsheim Berlin-Zehlendorf. Dort bauen die Jugendlichen zusammen mit jungen Geflüchteten Hochbeete aus alten Paletten oder pflanzen Gemüse an. Im Mittelpunkt steht für beide Seiten der Kontakt zu Gleichaltrigen und die Verschönerung der Unterkunft, Sprachbarrieren spielen nur eine untergeordnete Rolle.
Weitere Einblicke in Freizeitgestaltung und Interessenvertretung mit jungen Geflüchteten gaben Akteur_innen und junge Geflüchtete des Café Nightflight der evangelischen Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord und der Bund Deutscher PfadfinderInnen. Von der Ferienfahrt zur „Insel der Kormorane“ und einer Kanutour im Sommer berichteten Saul Nije und Ibrahim Barry gemeinsam mit Jenny Hübner vom Jugendzentrum Betonia. Außerdem entdeckten Jugendliche der Malteserjugend Berlin zusammen mit jungen Geflüchteten die Hauptstadt und konnten beim gemeinsamen Kochen und Essen Freundschaften schließen.
Diskussion über die Situation junger Geflüchteter: „Der Staat darf sich nicht zur Ruhe legen“
In der folgenden Diskussion standen das Potential und die Bedeutung von Jugendorganisationen für junge Geflüchtete im Vordergrund. Franz Allert, Präsident des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) Berlin machte klar, dass die Unterstützung der Zivilgesellschaft weiterhin benötigt würde. Doch der Staat dürfe sich nicht zur Ruhe legen, vielmehr müssten Staat und Zivilgesellschaft gemeinsam zusammenhalten. Häufig bremst die Bürokratie jedoch Jugendarbeit aus, wie Christopher Langen vom Landesjugendwerk der AWO Berlin betonte: „Wir brauchen unkomplizierte Wege, Projektmittel beantragen zu können.“
Kritik an der Situation der jungen Geflüchteten äußerten alle Podiumsteilnehmenden. „Bisher nutzen wir nicht das Potential, das die Menschen an Kenntnissen mitbringen. Wir müssen sie da abholen wo sie stehen“, forderte Andreas Meißner, pädagogischer Leiter bei Evin e.V. und Landeskoordinator beim Bundesfachverband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Mohammed Jouni von den Jugendlichen ohne Grenzen nahm die Politik in die Verantwortung. Die Regierungen auf lokaler Ebene und auf Bundesebene hätten jahrelang die Situation unterschätzt - und „wir müssen jetzt zusehen, wie wir mit den Strukturen zurechtkommen.“ Auch müsse man umdenken: „Die jungen Geflüchteten sind jetzt hier, wir müssen uns bei jedem einzelnen fragen: Was braucht dieser Mensch?“
Text: LJR Berlin
Fotos: (c) Dirk Lässig